Unsere Haushaltsrede zum Rat - 16.12.2021

Sehr geehrter Herr Stadtpräsident, Herr Bürgermeister,
Liebe Mitglieder des Rates und Beschäftigte der Verwaltung,
liebe Bürgerinnen und Bürger der Stadt Wedel,

zunächst vielen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. 2021 war – wie schon 2020 - sicher kein leichtes Jahr für Sie, neben den Problemen aufgrund der Pandemie litten Sie in einzelnen Abteilungen unter Personalmangel und mussten sich so manchen Frust von der Politik gefallen lassen. Trotzdem haben Sie uns immer freundlich unterstützt, für die gute und konstruktive Zusammenarbeit im auslaufenden Jahr danke ich Ihnen auch im Namen meiner Fraktion ganz herzlich.

Bevor ich auf den Haushalt 2022 eingehe, erlauben Sie mir bitte zunächst einen kurzen Blick zurück. Auch wenn uns 2021 alle wieder schwer gebeutelt hat, so haben wir doch auch einiges zusammen geschafft. Wir Grünen freuen uns, dass

  • die Mobilitäts-AG Fahrt aufgenommen hat

  • wir den Leitfaden für umweltfreundliche Beschaffung verabschiedet haben

  • im Business Park die ersten Firmen eingezogen sind und die nächsten in den

    Startlöchern stehen

  • in Wedel Nord wichtige Weichen gestellt wurden zur Schaffung weiteren (bezahlbaren)

    Wohnraums.

    Aber die Ansiedlung von Unternehmen und neuen Bürger:innen erfordert auch eine angepasste Infrastruktur. Womit ich beim Haushalt 2022 wäre.
    Der gut ausgearbeitete Haushaltsentwurf kann nicht über die bitteren inhaltlichen Wahrheiten hinweg täuschen. Wir haben einen Haushaltsentwurf vorliegen, der trotz einer Anhebung der Grund- und Gewerbesteuer ein Defizit von rund 6 Mio. EUR ausweist. Ein Ergebnis, mit dem wir alle nicht glücklich sind - zumal dieses Ergebnis ja überhaupt nur durch gleichzeitige Steuerer- höhungen erreicht wurde. Ohne die geplanten Steuererhöhungen wäre das Defizit noch 5,5 Mio. EUR höher. Dabei hat sich der Ergebnisplan im Vergleich zum Vorjahr sogar etwas verbessert, was aber zu Buche schlägt, sind geplante Investitionen in Höhe von gut 16 Mio. EUR. Für Baumaßnahmen sind alleine 10 Mio. EUR veranschlagt.
    Der Haushalt zeigt sehr deutlich unser Problem in Wedel: es wachsen nicht nur unsere Schulden, es wächst auch unser Investitionsstau. Die Positionen im Investitionsplan sind notwendig und sicher keine nach dem Motto „nice to have“. Jede Verschiebung von Investitionsmaßnahmen in die Folgejahre, würde diese zusätzlich belasten. Aber auch für die nächsten Jahre haben wir bereits heute dringend erforderliche Investitionen geplant.

    Unser Schuldenberg wächst also immer weiter, ohne dass eine Lösung auf dem Tisch liegt und trotz der Schulden platzen unsere Schulen aus allen Nähten, sind unsere Gebäude sanierungsbe- dürftig, unsere Straßen zum (großen) Teil überaltert, wir haben immer noch zu wenig Kita Plätze und keine Ahnung wie wir ab 2026 die Ganztagsbetreuung in den Schulen finanzieren wollen.

    Können wir unter den gegebenen Umständen verantworten, den Haushalt abzulehnen?
    Was gewinnen wir durch die Ablehnung?
    Alle neuen Projekte werden auf Eis gelegt, notwendige Maßnahmen können nicht gestartet werden und am Ende leiden darunter unsere Bürger:innen, insbesondere die Familien. Wir haben vorhin von den Problemen an der Moorwegschule oder Altstadtschule gehört. Ohne einen verabschiedeten Haushalt können wir die Problemlösungen nicht in Angriff nehmen. Aber auch weitere Ausbaumaßnahmen in anderen Schulen oder der Bau der Lichtsignalanlage am Fährenkamp dürfen wir nicht starten, um nur einige der aktuellen Problemfelder aufzuzeigen. Und wenn wir dann doch irgendwann einen verabschiedeten Haushalt vorliegen haben und beginnen können, wäre es nicht unwahrscheinlich, dass die Kosten bis dahin weiter gestiegen sind – Stichwort Baustoffmangel, die Kosten für Baumaßnahmen galoppieren ja gerade davon.

    Aber wie soll es weitergehen, wie kommen wir aus dieser Misere wieder heraus?

    Binsenweisheit: Wir brauchen höhere Einnahmen, geringere Ausgaben, verkaufen unser Tafelsilber oder hoffen auf ein Wunder.

  1. Höhere Einnahmen erhalten wir durch Steuer- und Gebührenerhöhungen, der Anwerbung hoffentlich gewerbesteuerpflichtiger Unternehmen sowie dem Bau von (bezahlbaren) Wohnraum.

  2. Kostensenkungen werden seit geraumer Zeit im Lenkungsausschuss zur Haushalts- konsolidierung erarbeitet und diskutiert. Hier sind erste kleinere Maßnahmen umgesetzt, aber der ganz große Wurf fehlt noch. Kurzfristige Erfolge sind kaum zu erwarten.

    Ergänzt werden sollten die bereits geplanten Maßnahmen aus unserer Sicht durch einzuleitende Konsequenzen aus dem noch nicht öffentlichen Bericht des Landes- rechnungshofes sowie einem Blick auf unsere Verwaltung und die vorhandenen Gebäude aus der Vogelperspektive: Können durch Modernisierung, Digitalisierung, Umverteilung oder Outsourcing weitere Effekte, Synergien und Einsparungen erzielt werden? .... und sei es nur, um den derzeitigen Personalmangel zu kompensieren und damit nicht noch mehr Kosten zu verursachen.

  3. Vom Tafelsilber veräußern wir gerade den Theaterplatz an die Medac. Nicht dass ich falsch verstanden werde. Auch wir Grüne wissen, dass wir die Medac als einer unserer größten Gewerbesteuerzahler brauchen und auch wir wollen, dass das Unternehmen weiterhin in Wedel ansässig bleibt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir gerade dabei sind, das „Sahne-Grundstück“ am Bahnhof zu veräußern. Hier hätten sich auch viele andere attraktive Nutzungsalternativen angeboten.

  4. Bleibt das Prinzip Hoffnung, das Warten auf ein Wunder: Die Ampelkoalition in Berlin bekennt sich zu einer Unterstützung kommunaler Investitionstätigkeit. Im Koalitions- vertrag ist verankert, dass Kommunen, die sich nicht aus eigener Kraft von ihren Altschulden entlasten können, entschuldet werden sollen. Vielleicht hat Wedel eine Chance, in den Genuss dieser geplanten Kommunenentlastung zu kommen. Warten wir also ab, wie die Ampelkoalition im nächsten Jahr dieses umsetzen wird.

    Wir Grüne stehen bereit, unseren Teil an der Implementierung weiterer Ideen zum Haushalts- konsolidierungskonzept einzubringen und gemeinsam mit den anderen Fraktionen vielleicht doch noch einen Weg aus den Schulden zu finden, sodass wir eben nicht nur auf ein Wunder hoffen müssen.

    Wir haben in unserer Fraktion lange und kontrovers über diesen Haushaltsentwurf diskutiert. Es gab gute Gründe, ein Zeichen zu setzen und dem Haushalt 2022 die Zustimmung zu verweigern. Aber am Ende überwiegten die Gründe für eine Zustimmung. Ein Nein wäre weder zielführend noch problemlösend und so hat sich am Ende die Mehrheit unserer Fraktion aus Verantwortung gegenüber unseren Bürger:innen dafür entschieden, diesem Entwurf zuzustimmen. Wir werden also bei einer Gegenstimme der Haushaltssatzung zustimmen. Gleiches gilt schweren Herzens auch für die Steuererhöhungen. Wir hoffen, dass die unausweichlichen Steuererhöhungen damit nur vorgezogen werden und wir nicht so schnell über weitere Erhöhungen diskutieren müssen. Wir stimmen diesen jetzt mehrheitlich in der Hoffnung zu, Kiel erkennt Wedels Anstrengungen an, sodass wir schnell einen verabschiedeten Haushalt bekommt, um die dringenden Aufgaben und Projekte zügig angehen zu können.

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
    Dagmar Süß
    Fraktionsvorsitzende der Bündnis 90 / Die Grünen

    Haushaltsrede, 16.12.2021

 



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