Ungewohnter Wettbewerb

Der deutschen Landwirtschaft drohen durch TTIP ein sinkendes Preisniveau und weniger Subventionen

Ein gemeinsamer transatlantischer Markt, wie ihn TTIP vorsieht, wäre für die deutsche Landwirtschaft eine große Herausforderung. Denn in den USA erhalten Landwirte weniger staatliche Subventionen, sie sind daher den Kräften des Marktes mit seinen Preisschwankungen stärker ausgesetzt als ihre Berufskollegen in Europa und entsprechend wettbewerbsfähiger.

Seit Juni 2013 finden zwischen der EU und den USA geheime Gespräche über ein Transatlantisches Freihandelsabkom
men (Transatlantic Trade
 and Investment Partnership, TTIP) statt. Mit den Wirtschaftsräumen USA und EU
soll die weltgrößte Freihandelszone geschaffen wer-
den. An der Abfassung des vorläufigen Vertragstextes haben Unternehmensverbände entscheidend mitgewirkt. TTIP können die EU-Mitgliedsstaaten nur als Ganzes annehmen oder ablehnen. Dies ist ein Novum
in der Politik und neben
dem umstrittenen Investitionsschutz einer der bedenklichsten Punkte. Bedenklich ist auch, dass im-
mer noch nicht alle Einzelheiten des Vertragswerks bekannt sind und von ihm entgegen allen anders lautenden Beteuerungen voraussichtlich in erster Linie international aufgestellte Konzerne profitieren wer-
den.

Von den Auswirkungen
von TTIP wäre auch die Landwirtschaft betroffen. Es
ist eine Angleichung der europäischen an die niedrigeren US-amerikanischen Produktionsstandards zu erwarten. Die Getreideimporte aus den USA nach Europa dürften weiter zunehmen. Speziell in Deutschland, Europas größtem Fleischexporteur, sind billiger US-amerikanischer Gen-Mais und Gen-Soja als Futtermittel sehr nachgefragt.

Trotzdem blieb der komplexe Bereich Landwirtschaft in der medialen Diskussion über TTIP bisher ausgespart. Lediglich die Forderung, dass Chlorhähnchen, Hormonfleisch und Gen-Mais in Deutschland nicht in den deutschen Handel gelangen dürften, wurde immer wieder von TTIP-Kritikern vorgebracht. Hierzu kam aus Regierungskreisen die Mitteilung, dass derartige Sorgen unbegründet seien. Was nicht zutrifft, da Chlorhuhn, Gen-Mais und Hormonfleisch über verarbeitete Lebensmittel wie Suppen zum deutschen Verbraucher gelangen könnten.

In der Landwirtschaft geht es im Hinblick auf TTIP aber um viel mehr. Die USA sind der stärkste Agrarexporteur der Welt. Nimmt man die Produktionsweise in den USA und in Europa in den Blick, so stößt man auf grundverschiedene Rahmenbedingungen. Wer behauptet, man könne beide Erzeugergebiete zusammenlegen, ohne dass sich Turbulenzen entwickelten, verschweigt die Problemfelder. In den USA erhalten Landwirte weniger staatliche Subventionen, sie sind daher den Kräften des Marktes mit seinen Preisschwankungen stärker ausgesetzt als ihre Berufskollegen in Europa. In den Vereinigten Staaten hat sich eine rein auf ökonomischen Gewinn ausgerichtete industrielle Landwirtschaft durchgesetzt. Monokultur ist Standard, während in Europa im Gegensatz dazu meist Fruchtwechselwirtschaft praktiziert wird. In der europäischen Landwirtschaft werden durch Subventionen viele Härten des Marktes abgefedert und vieles gefördert, so dass auch Öko-Bauern und Familienbetriebe überleben können. Das Abkommen soll, so fordern deutsche Politiker, einen „fairen und nachhaltigen Handel“ garantieren. Bei einem freien Wettbewerb wäre mit einem Kräftemessen der Agrar-Riesen beiderseits des Nordatlantiks zu rechnen, was womöglich das Aus für die kleinbäuerliche Landwirtschaft zur Folge hätte. Ferner könnte von US-amerikanischen Interessenverbänden die Forderung an die EU ergehen, die Subventionen aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit zu kürzen.

In den USA ist der früher stark vertretene Typ der „Familienfarm“ mit einer Größe von etwa 300 Hektar – sechsmal so groß wie der deutsche Durchschnittsbetrieb – rückläufig. Der Grund ist fehlendes Kapital für eine Modernisierung. Wenige Super-Farmen vom Typ „Corporate Farm“ mit einer mittleren Betriebsgröße von 1160 Hektar haben die kleinen und mittleren Betriebe aufgesogen. Es sind Großunternehmen mit viel Fremdkapital. Bei der Bewirtschaftung der Ländereien setzen sie auf elektronische Überwachungs- und Steuerungssysteme sowie hochkomplexe Landmaschinen. Seit etwa 15 Jahren kommt der Agrarinformatik zur Ausübung der sogenannten Präzisionslandwirtschaft zunehmend eine Schlüsselfunktion zu. Satellitennavigation und Sensortechnik ermöglichen es, die Effizienz der Produktion zu erhöhen, indem etwa die Felder zielgenau berieselt und gedüngt werden. Die Vorgänge werden vom Betriebsgebäude aus mit Hilfe von Cloud-Computing kontrolliert. Während der Wert der Investitionen in Informationstechnologie bei landwirtschaftlichen Betrieben im Jahr 2000 noch bei durchschnittlich 65 000 US-Dollar lag, sind es inzwischen eine halbe Million. Das können sich nur noch wenige leisten. Es zeigt sich aber, dass moderne Informations-technologie den Großen entscheidende Wettbewerbsvorteile bringt, und zwar vor allem bei Extremwetterereignissen und niedrigen Marktpreisen. Die Datenmenge und -analyse ermöglicht es den Farmern, umgehend geeignete Maßnahmen einzuleiten. 

Dagmar Jestrzemski                                 eingestellt 2.2.15 Karin Holzapfel

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